"Uns fehlt schlicht das Geld" - Haushaltsrede 2025
Im Gemeinderat ist der städtische Haushalt für das Jahr 2025 verabschiedet worden. Wo die Stadt Schwerpunkte setzt und wie sie finanziell aufgestellt ist, lesen Sie hier.
Stellungnahme der BMU-Fraktion zum Haushaltsplan für das Jahr 2025_
Es gilt das gesprochene Wort._
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
Es war der Sonntag, der 2. Juni letzten Jahres, als über Besigheim und Umgebung ein heftiges Unwetter mit Starkregen niederging. Am Niedernberg schoss das Regenwasser flächig die Weinberge hinunter und überschwemmte die Bahngleise. In Walheim gab es einen Erdrutsch. Infolgedessen darf bis voraussichtlich Ende Februar diesen Jahres die Eisenbahnstrecke von Walheim nach Besigheim nur mit 20 km/h befahren werden. Man muss sich vorstellen, die B27 dürfte über ein ¾ Jahr nur mit Tempo 20 befahren werden. Auch wenn wir hier vor Ort noch keine größeren Schäden durch Unwetter erlitten haben, so ist klar, dass die Bilder – wie wir sie leider aus dem Ahrtal kennenlernen mussten – immer näherkommen.
Erst vor wenigen Tagen am 10. Januar wurde vom EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus veröffentlicht, dass das Jahr 2024 das heißeste seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen war und erstmals das 1,5 Grad-Ziel der Erderwärmung gerissen wurde. Wir müssen leider festhalten, dass wir uns mitten im Klimawandel befinden.
Wir dürfen beim Klimaschutznicht nachlassen – im Gegenteil - wir müssen zur Klimaneutralität unserer Stadt noch deutlich schneller werden, denn die Erderwärmung steigt unermüdlich an und nimmt auch keine Rücksicht auf unsere Haushaltslage. Und hier spreche ich unser Freibad an, denn wir müssen schnellstens mit weiteren Maßnahmen - wie beispielsweise der Beckenabdeckung für das Nichtschwimmerbecken sowie mit weiteren Photovoltaikanlagen – dranbleiben, sobald wieder etwas „Luft“ im Haushalt ist.
Das selbige gilt für unsere Bestandsgebäude. Was wir schnell benötigen ist eine Prioritätenliste unserer zu sanierenden Immobilien. Für den zu erwartenden Wärmenetzbau in Teilen unserer Stadt brauchen wir alsbald einen Investor und Betreiber, so dass in Bälde im Zuge der laufenden Wärmeplanung hier Partner gesucht und gefunden werden müssen. Wir kommen nicht umhin – kurz gesagt – die beschlossenen fünf Maßnahmen der kommunalen Wärmeplanung rasch anzugehen und umzusetzen, denn der Klimaschutz duldet keinen Aufschub. Insbesondere unsere beiden Klimaschutzmanager leisten hierzu wichtige und alternativlose Arbeit.
Uns fehlt schlicht viel Geld im Haushalt, wie wir erst vor wenigen Wochen erfahren mussten. Innerhalb kurzer Zeit haben Verwaltung und Gemeinderat gemeinsam den städtischen Haushalt auf den Kopf gestellt, um in eine annährend genehmigungsfähige Haushaltslage 2025 zu kommen. Aber auch die Einnahmenseite wurde gründlich durchforstet. Im Ergebnis müssen wir viele Vergünstigungen zumindest temporär aussetzen und auch Gebühren erhöhen. Dennoch kamen wir leider nicht drum rum, die Hebesätze der Grund-, aber auch der Gewerbesteuer, zu erhöhen. Erschwerend kommt hinzu, dass zum 1. Januar 2025 die Reform der Grundsteuer gegriffen hat, welche alleine durch die strukturelle Umstellung schon einiges ändert. Eine gewünschte und in Summe aufkommensneutrale Umstellung war für Besigheim leider nicht zu schaffen. Wir mussten die Grundsteuer zumindest temporär erhöhen. Und auch die Einführung der Grundsteuer C müssen wir alsbald ins Auge fassen, auch wenn dies schon rein zeitlich für 2025 nicht mehr gereicht hatte. Darüber hinaus müssen auch die Unternehmer durch eine Erhöhung der Gewerbsteuer ihren Beitrag leisten. Denn auch sie profitieren von unserer Infrastruktur. Die BMU-Fraktion – und das gilt sicherlich für uns alle hier - bittet um Verständnis für diese Maßnahmen, da wir als Verwaltung und Gemeinderat gemeinsam einen Weg zu einem genehmigungsfähigen Haushalt 2025 finden mussten, und dies unter der möglichst breiten finanziellen Beteiligung in allen Haushaltsbereichen und der gesamten Einwohnerschaft einschließlich unserer Gewerbetreibenden.
Unser Radverkehrsnetz muss dringend verbessert und damit sicherer werden, wenn wir mehr Menschen auf das Fahrrad bekommen wollen. Hier setzen wir auf das zu erstellende Verkehrskonzept. Besonders hervorheben möchte ich hier die Neckarbrücken, wo dringendster Handlungsbedarf gegeben ist. Wir bitten hierzu Vertreter des RP Stuttgart auf Ende 2025 bzgl. der versprochenen Vorplanung einzuladen. Mit dem Baubeginn der Luisenhöfe müssen wir leider mit einer weiteren Belastung – möglicherweise auch einer Überlastung – der Löchgauer Straße rechnen. Wir drängen hier auf Umsetzung des Verkehrsmonitorings, um bei Bedarf gegensteuern zu können und appellieren auch an dieser Stelle, dass möglichst viele Menschen das Fahrrad benutzen. Zum öffentlichen Nahverkehr gehört auch unser Bahnhof, wenngleich dieser aber nicht in unserer Zuständigkeit liegt. Hier gilt es insbesondere auf den barrierefreien Ausbau weiter zu drängen.
Noch ist der Leerstand in unserer Altstadtüberschaubar. Die Frage ist, wie wir mit den Änderungen umgehen. Und hier müssen wir als Stadt rechtzeitig steuernd eingreifen, um beispielsweise in Form eines „Runden Tisches“ mit allen Beteiligten zukunftsfähige Lösungen zu finden, welche von möglichst jedem mitgetragen werden können. Die Kernfrage ist, wo wir hier in zehn Jahren stehen wollen. Hier müssen wir eine klare Perspektive finden und aufzeigen. Dies gilt auch für den Kfz-Verkehr in der Altstadt – welcher tendenziell weniger werden soll - wobei uns allen klar sein muss, dass es immer nur Kompromisslösungen geben kann und geben wird. Die Zentralisierung dieses Themas an einer Stelle in der Verwaltung ist richtig und wird von uns unterstützt.
Aufgrund unserer Haushaltslage ist klar, dass es ein „weiter so“ beim weiteren Bau des Nordparks nicht geben kann. Auch hier muss der Wille zu Einsparungen gezeigt werden! Es ist daher richtig, dass nach Anschluss des Radwegs vom Steinbach kommend an den bestehenden Wirtschaftsweg in Richtung Walheim der weitere Bau des Nordparks ausgesetzt oder zumindest verschoben wird. Dies muss aus unserer Sicht derzeit auch für die Baumaßnahme 1C - das Flößerdeck - gelten, auch wenn hier bereits ein Beschluss zur Ausschreibung in 2025 vorliegt. Die aktuelle Haushaltslage lässt dies momentan einfach nicht mehr zu! Vielleicht sieht ja unsere finanzielle Situation zum Jahresende 2025 schon wieder besser aus. Des Weiteren beabsichtigen wir – noch nicht heute aber in absehbarer Zeit – einen Antrag zur Errichtung eines durch Sponsoren finanzierten Schwalbenhauses einzubringen. Der Bau dieses Schwalbenhauses hat dann praktisch keine Auswirkungen auf unseren Haushalt, leistet jedoch einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität in unserer Stadt.
Die Besigheimer Wache entspricht bei weitem nicht mehr den heutigen Anforderungen. Analoges gilt für einige Fahrzeug, welche zur Ersatz- bzw. Neubeschaffung anstehen. Ich möchte betonen, dass dies keine „nice to have“ Maßnahmen sind, sondern sehr wichtige Pflichtleistungen zur Rettung von Menschen, Tieren, Sachgütern sowie der Erbringung von Umweltschutzleistungen. Dies ist ein entscheidender Unterschied zum Nordpark. Wie wichtig und notwendig unsere Feuerwehrist, kann man auch an der Anzahl von 158 Einsätzen im letzten Jahr ablesen. Und auch aufgrund der immer stärker zuschlagenden Unwetterereignisse aufgrund des Klimawandels müssen wir mit immer mehr Schadenslagen und Einsätzen rechnen. Daher muss unsere Wehr – auch zur Haltung, Gewinnung und Motivierung der ehrenamtlichen Kräfte – wieder auf den aktuellen Stand der Technik gebracht werden. Des Weiteren bitten wir zu prüfen, ob Teile der neuen Wache auch vom Ortsverein des DRK genutzt werden können.
Es ist klar, bei unseren Sportanlagenbesteht Handlungsbedarf. Die Konzepte zur Ertüchtigung unserer Anlagen in Besigheim und Ottmarsheim – an denen sich unsere Vereine mit eingebracht haben - stehen und müssen in den nächsten Jahren unter Berücksichtigung unser Haushaltslage nun sukzessive umgesetzt werden. Natürlich hoffen wir auf eine baldige Besserung unserer Finanzlage. Wichtig ist uns, dass diese Anlagen allen unseren Einwohnerinnen und Einwohnern – ob Freizeit- oder Leistungssport, Schuloder Vereinssport - zur Verfügung stehen.
Für den Neubau der Friedrich-Schelling-Schule dürfen wir auf eine baldige Freigabe für den Schulbetrieb hoffen. Selbiges gilt für die Kita im Ingersheimer Feld. Mit Inbetriebnahme dieser Kitaerwarten wir auch eine Entspannung in dieser Sache. Als Rückfallebene sollten wir aber den Naturkindergarten am Häckselplatz nicht aus den Augen verlieren, denn dieser lässt sich bei weiterem Bedarf relativ schnell und preisgünstig verwirklichen.
Fortschritte macht ebenso der Bau der Heizzentrale im Gymnasium, so dass wir hier mit der neuen Pelletanlage einen weiteren Schritt Richtung CO2-Einsparung gehen werden. Wichtig ist hierbei, dass wir durch entsprechende Vertragsgestaltung eine Liefersicherheit mit regionalen Pellets erringen werden.
Auch wir als BMU-Fraktion mussten leider auch Einschnitte im Sozialen mitgehen. Desto erfreulicher ist es, dass wir den Familienpass halten können. Wir hoffen hier natürlich alsbald auf Besserung, spätestens bis im nächsten Jahr. Auch die Jugendbeteiligunghier im Gremium kommt aus unserer Sicht zu kurz. Ideal wäre ein Jugendgemeinderat, welcher bei entsprechenden Themen Vorschläge für den Gemeinderat vorbringt. Hierzu möchten wir Jugendliche ausdrücklich motivieren und ermutigen.
Was uns in Ottmarsheimimmer noch fehlt ist eine ärztliche Grundversorgung. Hier bitten wir die Verwaltung um Gespräche bzw. Verhandlungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg und anschließender Berichterstattung im Gemeinderat. Das Ziel muss sein, dass sich auch in Ottmarsheim eine Hausarztpraxis ansiedelt.
Dem Haushaltsplan 2025 stimmen wir zu, wohlwissend dass dieser mit einer äußerst heißen Nadel gestrickt wurde und möglichweise nur mit Auflagen der Kommunalaufsicht genehmigt wird.
Abschließend ergeht unser Dank an die Verwaltungsspitze mit unserem neuen Bürgermeister und auch an alle städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit sowie die gute Zusammenarbeit. Gedankt sei auch der Einwohnerschaft, die die Arbeit des Gemeinderats und der Verwaltung verständnisvoll – manchmal auch mit konstruktiver Kritik - begleitet und unterstützt haben. Ein besonderer Dank geht auch an die vielen in unserer Stadt ehrenamtlich tätigen Menschen, durch die unser Gemeinwesen in erfreulicher Weise funktioniert. Dies ist nicht selbstverständlich und kann nicht hoch genug gewürdigt werden.
Für Ihre und Eure Aufmerksamkeit bedanken wir uns.
Thomas Pulli
Fraktionsvorsitzender