Aktuelles11.05.2021

Zu Ehren einer Freiheitskämpferin

Am Sonntag, den 09. Mai wäre Sophie Scholl – Widerstandskämpferin gegen das nationalsozialistische Regime – 100 Jahre alt geworden. Dieser Tag wurde zum Anlass genommen, im Besigheimer Sophie-Scholl-Weg eine besondere Gedenkstätte zu installieren. Auf eine Initiative der BMU-Fraktion im Gemeinderat wurden weiße Rosensträucher beschafft und an der Einmündung gepflanzt. Später soll eine Tafel mit Lebensdaten und Hintergundinformationen folgen. Von dieser blühenden Stätte der Erinnerungskultur profitieren also sowohl die Fauna, wie auch die Anwohner*innen. Im kleinen Rahmen fand eine Pflanzaktion statt, bei der die Stadträte Thomas Pulli und Helmut Fischer in ihren Ansprachen auf das Leben Scholls eingingen.

BMU-Fraktion bei der Pflanzaktion im Sophie-Scholl-Weg
© Thomas Pulli

Zum Leben Sophie Scholls

Als Ikone des Widerstands gegen das NS-Regime wird Sophie Scholl bezeichnet. Wer war diese junge Frau? Geboren vor heute genau 100 Jahren in Forchtenberg am Kocher; im Alter von 21 Jahren enthauptet in München-Stadelheim. Sie und ihre Geschwister wurden in protestantisch-pazifistischem Geist erzogen. Die Mutter war bis zu ihrer Heirat als Diakonissenschwester tätig, der Vater – Wirtschaftsprüfer – hatte sich im ersten Weltkrieg dem Dienst an der Waffe entzogen und wurde in einer Sanitätskompanie eingesetzt. Später war er Bürgermeister in Forchtenberg, wo auch Sophie geboren wurde.

Trotz ihres pazifistischen Einflusses konnten es die Eltern nicht verhindern, dass ihre Kinder begeistert vom Nationalsozialismus waren. Die Tochter Inge, geboren 1917, schrieb als 16-Jährige in ihr Tagebuch „Mit Leib und Seele gehöre ich Hitler“. Der Sohn Hans, geboren 1918, hängte in seinem Zimmer ein Hitlerbild auf, das der Vater jeden Abend wütend in eine Schublade warf. Und Sophie war fasziniert von der völkischen Bewegung, sie engagierte sich ab ihrem 13. Lebensjahr mit großem Einsatz in der örtlichen BDM-Gruppe, wo sie es bis zur Scharführerin brachte. Kameradschaft, Volksgemeinschaft, Heimat, die propagierten Grundwerte dieser Jugendorganisation und was sie inhaltlich darunter verstand, hatten es ihr angetan.

Misstrauisch, so ist es überliefert, wurde sie – die über ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden verfügte – erst als sie das NS-Regime zunehmend als „Zwangsjacke“ erlebte, das wesentliche Möglichkeiten der Selbstentfaltung beschnitt. Auch konnte sie nicht damit umgehen, dass ihre Freundin wegen ihrer jüdischen Abstammung nicht der BDM-Gruppe beitreten durfte. Der Bruch mit dem Nationalsozialismus kam dann 1939 mit dem Einfall deutscher Truppen in Polen. „Ich kann es nicht begreifen, dass nun dauernd Menschen in Lebensgefahr gebracht werden, schrieb die 18-Jährige ihrem Freund Fritz Hartnagel, der damals begeisterter Berufsoffizier war.

Bis anfangs 1941 besuchte sie noch die BDM-Abende, sich der Faszination dieser Gruppendynamik zu entziehen, war wohl nicht so einfach. Dennoch vertraute sie einer Freundin an, wenn Hitler ihr begegnete und sie eine Pistole hätte, würde sie ihn erschießen. „Wenn es die Männer nicht machen, muss es eben eine Frau tun“, so ein überliefertes Zitat. Sie schockierte auch ihre Freundinnen mit der Weigerung, Pullover und Handschuhe für die Soldaten an der Front zu sammeln. Schlimm sei es, wenn draußen im Feld Männer erfrieren müssten, ob deutsche oder russische, war ihre Aussage. „Aber wir müssen diesen Krieg verlieren. Wenn wir jetzt Wollsachen spenden, tragen wir dazu bei, diesen Krieg zu verlängern!“

Im Mai 1942 begann sie mit ihrem Studium der Biologie und Philosophie in München, wo ihr Bruder Hans bereits als Medizinstudent war. Dort kam sie in Kontakt mit der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“, obwohl ihr Bruder sie da raus halten wollte. Dieser Gruppe gehörten überwiegend Wissenschaftler, Studenten und Künstler an, die sich mit einer christlichen Grundhaltung gegen das Nazi-Regime verschworen hatten. Kurz vor der berühmt-berüchtigten Durchhalterede des Reichspropagandaministers Goebbels am 18. Februar 1943 im Berliner Sportpalast schien wohl – insbesondere angesichts der wenige Wochen zuvor erfolgten Kapitulation der sechsten Armee vor Stalingrad – in Deutschland die Stimmung zu kippen, der Glaube an den Führer und den Sieg war im Schwinden. Dies machte die Widerstandsgruppe möglicherweise etwas unvorsichtig, weshalb es am Abend des 18. Februar zu einem verhängnisvollen Fehler kam: Die Flugblattverteilung in der Münchener Universität. Der Hausmeister – ein strammer SA-Mann – hatte die Geschwister Scholl hierbei beobachtet und der Festnahme zugeführt.

Nur wenige Tage später kam es zu einem Schauprozess der zur Verurteilung zum Tode am Schafott geführt hat. Mit sofortiger Vollstreckung am selben Tag – dem 22. Februar 1943. Nach Zeugenaussagen war vom Auftreten der Geschwister Scholl bei den Verhören und im Prozess sogar die Gestapo beeindruckt. „So ein herrlicher, sonniger Tag, und ich soll gehen. Was liegt an meinem Tod, wenn durch unser Handeln Tausende von Menschen aufgerüttelt und geweckt werden.“ Dieses Zitat Sophie Scholls vom 22.02.1943 findet sich auf der in diesen Tagen erschienenen Sonderbriefmarke der Deutschen Post.

Die Gedenkrose Sophie Scholl

Im Jahre 2005 wurde von einer Forchtenberger Delegation eine spezielle weiße Rose bei dem Rosenzüchter Schultheis auf den Namen „Sophie Scholl“ getauft. Zum 85. Geburtstag von Sophie Scholl wurde im Jahre 2006 in Forchtenberg ein mit diesen weißen Strauchrosen bepflanzter Erinnerungspfad angelegt. Dieser Pfad führt durch den dortigen historischen Ortskern und erläutert auf Tafeln die Kindheitsspuren der Geschwister Scholl. Der Rosenzüchter Schultheis schreibt: „ … Diese Pflanze soll mit ihrem Namen und ihrer Präsenz dazu beitragen, dass der Nachwelt die Ideale und das Engagement der Gründer dieser Bewegung sowie der Gedanke der Weißen Rose im Bewusstsein bleiben. Sie tut dies natürlich mit Blüten in einem reinen Weiß, aber auch mit aufrechtem Wuchs, einer überdurchschnittlichen Blattgesundheit und einem bezaubernden Duft“.

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