Über die Grenzen des Wachstums
Das Gewerbegebiet auf den Benzäckern nahe der Autobahnauffahrt Mundeslheim kommt. So wurde es bei einem Bürgerentscheid am vergangenen Sonntag entschieden. Für das BMU war dies Anlass, sich im Rahmen der Sitzung am Mittwoch (01. Juni) über die Konsequenzen der Entscheidung für Besigheim und die Region auszutauschen. Gerade die Starkregenereignisse der vergangenen Tage, bei denen zahlreiche Keller im nördlichen Landkreis Ludwigsburg überschwemmt wurden, werden dabei als besonders beunruhigend wahrgenommen.
Die Politik ist voller Zielkonflikte. Auch im Falle des künftigen Gewerbestandorts war abzuwiegen zwischen einer Sanierung der Gemeindekasse und dem Wegfall wichtiger landwirtschaftlicher Flächen. So war es richtig, dass im Rahmen eines Bürgerentscheids breit informiert und diskutiert wurde.
Für eine so dicht besiedelte Gegend wie den mittleren Neckarraum wird diese Frage zunehmend ernster. „Schließlich hat auch dieses Projekt direkte Auswirkungen auf unsere Stadt: Mehr Wohnraumbedarf, mehr Verkehr, mehr Bedarf an KiTa-Plätzen, mehr Emissionen, dazu noch weniger Ackerfläche für die lokale Nahrungsmittelgrundversorgung“, führt Fischer weiter aus. Insbesondere ist davon auszugehen, dass eine zunehmende Versiegelung von Flächen bei künftigen Starkregenereignissen noch fatalere Auswirkungen haben kann.
Als Folge der Erderwärmung sind häufiger starke Unwetter zu erwarten. Dass die Stadt Besigheim nun jüngst ein Büro mit den Planungen für ein Starkregenmanagement beauftragt hat, ist zu begrüßen. Mit dieser Maßnahme soll genauer vorhergesagt werden, wo Unwetter besonders starke Folgen haben, um bei Warnmeldungen die Hilfskräfte gezielter einsetzen zu können.
Besonders hohe Wellen hat in den vergangenen Tagen ein Leserbrief eines kundigen Bürgers geschlagen. Darin kritisierte er die Pflanzungen von Traubenkirschen im südlichen Enzpark. Tatsächlich scheint es sich dabei um Züchtungen zu handeln, "die sich invasiv gegenüber heimischen Arten verhalten und für Insekten nur bedingt verwertbar sind", so Stadträtin Anne Posthoff. Problematisch ist dies, da die lokalen Ökosysteme stark auf bekannte Symbiosen angewiesen sind. Viele Insekten verenden ohne ein passendes Umfeld, da etwa ein Rüssel zum Absaugen des Nektars evolutionär auf eine bestimmte Pflanzenart angepasst ist. Künftig wolle man im Gemeinderat auf solche wichtigen Feinheiten genauer Acht geben.
Außerdem schärft das BMU weiterhin sein Profil, wenn es um die Förderung des Tourismus in der Stadt geht. „Wir wollen unsere Gäste willkommen heißen, ohne uns zu verstellen“, fasst Daniel Christen die Grundsatzdebatte zusammen. Besigheim ist ein beliebtes Ausflugsziel, weil es mit seinen charmanten Gassen in einer wunderschönen Lage liegt und die Lebensart der Bürgerschaft nicht versteckt wird. Eine Anpassung an touristische Bedürfnisse durch weitere Baumaßnahmen und eine übermäßige Stilisierung des Stadtkerns, könnte dem jedoch entgegenstehen und die hier wohnenden Menschen zurückdrängen. Dabei glänzt eine Stadt im Besonderen durch das Engagement und die Lebensfreude ihrer Bürgerinnen und Bürger. Langfristig wolle man keine Touristen-Meile, sondern eine lebens- und liebenswerte Stadt, die nicht nur sonntags zum Verweilen einlädt.